06.08.09
An einem wunderschönen Mittwoch
hab ich gelernt, wie man Wein pflanzt. Wie es dazu kam ist eine etwas längere Geschichte. Unser alter Freund von dem ich schonmal berichtete, war auch in diesem Winter wieder wochenlang bettlägrig. Tunga penetrans (Sandflöhe) hatten es sich bei ihm gemütlich gemacht, schätzungsweise 50 bis 60 pro Fuß. Grauenhaft!!! Hab hier ein paar Bilder dazu gegoogelt, wollte selber keine machen. Aber die bei Google sind alle recht harmlos. Bin mit ihm wieder zum staatlichen Krankenhaus. Dort ist die Behandlung zwar neuerdings kostenlos, bestand dafür in diesem Fall aber nur aus einer Tetanusspritze und Antibiotika. Ein Nachbar und eine Schwester aus der Gemeinde haben (Gott sei Dank!!!) in etwa 8 mühsamen Sitzungen Nest für Nest herausgepopelt. Das nenne ich Martyrium, was ja bekanntlich Zeugnis bedeutet. Jetzt besitzt der gute Mann seine Füße wieder alleine und kann auch wieder drauf stehen. Nun überrascht er mich vor einigen Tagen mit einem Vorschlag. Er hat zwar kein Geld um seiner Dankbarkeit irgendwie Ausdruck zu geben und kann mit seinen 80 Jahren auch nicht mehr allzuviel machen. Aber als Agronom versteht er etwas von Pflanzen und er hat gute Ideen. Nun war er extra in eine andere Stadt gefahren um von einem Bekannten Weinreben zu holen. Weißer Moscatel! Er war eigentlich auf der Suche nach rotem Moscatel, aber da waren gerade keine Reben kostenlos zu bekommen. Nun haben er und ich gestern Mittag bei der Kirche 11 Löcher gegraben und mit viel Sorgfalt, Liebe und Kompetenz hat Bruder T. die Reben eingepflanzt. Er gab mir genaue Anweisungen über weitere Düngung und Pflege gegeben und strahlte übers ganze Gesicht. Bei der Arbeit hatten ich endlich auch mal wieder Zeit ihm lange und ausführlich zuzuhören. Da er sonst fast nur mit seinen Hunden redet, nutzt er jede Minute um zu erzählen. Bevorzugt über den Anbau bestimmter Pflanzen oder von Früher, von Chile. Dann erinnert er mich oft an ein Lied, das ich als Kind gerne gehört habe: "Chile comienza en algun lado, en cualquier lado. Talvéz en el lugar donde te detuviste un día, y pensaste que sería hermoso quedarse allí para siempre: allí comienza Chile. Donde la tierra canta..." (Chile beginnt irgendwo. Vielleicht dort, wo du eines Tages innehälst und denkst, es wäre schön für immer zu bleiben: Dort beginnt Chile. Wo die Erde singt...). Er konnte dort nicht bleiben. Sein Name stand wohl auf einer der Listen von Pinochets Schergen. Er war Sozialist, hat nach illegaler Grenzüberquerung am Tag von Allendes Sturz viele Jahre in der Nähe von Córdoba gearbeitet. Erst nach Strössners Sturz kam er nach Paraguay. Und blieb. Und nun beflanzt er des Herrn Weinberg an der Blauen Küste des Paraguayflußes, weil er sich für ein bisschen Solidarität, ein bisschen Menschlichkeit bedanken möchte. Mein Herz schlägt Wurzeln in diesem Kontinent, der so reich ist an Geschichten, die man am Besten bei geteilter Arbeit erzählt.
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1 Kommentar:
große bruder T. von mir!
Ich hoffe ihr könnt in einigen Jahren selbstgepressten Traubensaft beim Santa Cena nehmen statt dem Pulverjohannisbeersaft.
Grüße an meine Geschwister in Paraguay, Ben
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