16.08.12

Biografische Kohärenz oder fehlende Entwicklung?

Was ist es, wenn man sich mit 37 Jahren vollständig verstanden fühlt, in einem Gedicht dass man selber vor rund 20 Jahren geschrieben hat? Wenn das damalige Machwerk trotz seiner literarischen Beschränktheit, doch die eigenen Empfindungen über den heutigen Alltag wiedergibt?
Auf jeden Fall entstand es damals in einer Phase der Trunkenheit von Fritz Senn (nicht dem Schweizer, sondern dem russischen). Was ich ihm literarisch schulde, weiß ich nicht. Aber persönlich hat er mir geholfen, mich meiner Herkunft nicht zu schämen. Mitten im Chacobusch weckte er in mir eine völlig unverständliche, wohl biologisch ererbte Sehnsucht nach ukrainischer Steppe... Und das, obwohl schon mein Vater in Paraguay geboren ist!

Mit festem Schreiten
Mit trotzigem Blick
Wolln wir fürs Gute streiten
Wir kennen kein Zurück

Mit müdem Schleichen
Noch immer ohne Ruh
Wir uns die Hände reichen
und ziehn dem Ziele zu

So gehn wir durch dies Leben
Darin wir Pilger bleiben
In dem wir alles geben
Bis das sie uns vertreiben

Mit Schweiß und harten Händen
Die Heimat wir gestalten
Gott wird es schon so wenden
Dass Andere erhalten

Es kann für uns nicht sein,
Dass wir etwas besitzen
Womit wir, noch so klein
Nicht Andern sollen nützen

Wir mühn uns für das Leben
Und ringen um die Welt
Obwohl sie nichts kann geben
Was morgen nicht zerfällt

Das ist uns Fluch und Segen
Bringt Müh und Lasten viel
Wir wolln die Welt bewegen
Die selbst nie war das Ziel

Denn es geht nicht ums Haben
Wir suchen was viel schwerer fällt
Pfunde nicht zu vergraben
Zu dienen da wo Gott uns hält

Ihm dienen wir und nicht den Menschen
Das ist die Quelle unsrer Kraft
Das ists - nicht unser Wolln und Wünschen -
Was durch uns Menschen Heimat schafft

Wir plagen uns auf Erden
Da wir den Auftrag sehn
Damit es viele werden
Die mit uns weitergehn

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