05.01.07

Mahlzeit!

Kennt eigentlich jemand einen Homiletiker, der die Wesensverwandschaft, die tiefen inneren Gemeinsamkeiten zwischen Kochen und Predigtvorbereiten beschrieben hat?


Das fängt schon bei den Voraussetzungen an, deren wichtigste der Hunger ist. Oder habt ihr schon mal versucht, direkt nach einer opulenten Raclettabend irgendetwas zu kochen? Ich weiß nicht, wie es Leute machen, die jeden Tag geistliche Erkenntnisse absondern müssen, aber ich brauche für Predigtvorbereitungen Hunger - und manchmal muss ich diesen Hunger erst suchen, muss erst Apettit bekommen, bevor ich irgendetwas zubereiten kann. Dazu hilft allemal Bewegung, sprich Einsatz der gewonnenen Energien. Ich koche möglichst immer zuerst für mich, etwas, das ich jetzt gerne Essen würde und damit, zuerst mir selbst zu predigen, hab ich auch keine schlechten Erfahrungen.

Am Anfang liegt die Entscheidung für ein Gericht. Ich weiß nicht, wie Berufsköche das machen, aber je besser man die Leute kennt für die man kocht, desto besser die Analyse was ihnen fehlt, was sie brauchen und ja - warum nicht - was ihnen schmeckt. Denn viele Leute reagieren auf Predigten die sie "aber nötig haben" wie ich auf Essen, dass man mir mit dem alleinigen Argument anpreist, es sei gesund! Uhhweähh! Die Kunst des Kochs besteht doch darin, dass Gute, das Nützliche, das Wertvolle und Notwendige so zuzubereiten, dass es hervorragend schmeckt. Habt ihr mal ein MacDonalds-Lokal in Spanien gesehen? Es ist mitnichten fast ausschließlich von Touristen besucht, weil die Spanier Hamburger aus der Retorte für ungesund halten. Sondern weil sie wissen, was wirklich gutes, leckeres Essen ist! Die verbreitete Geheimthese "gesund ist was nicht zu gut schmeckt" halte ich beim Essen für genauso fragwürdig wie beim predigen. Wer beim Essen und Predigthören kein Genießer ist, wird es schwer haben, andern den Mund wässrig zu machen.

Wenn ich mich dann für einen Text entschieden habe, habe ich erstmal nicht mehr als das: Einen Text, ein Rezept, von der ausführlichen Essensbeschreibung in den Geschichten und Gleichnissen bis zur reinen Kochbuchprosa in manchen Paulusbriefen:

200 g Dank
1 kg Gnade
1 kg Gehorsam
5 x Begeisterung
3 x Engagement
20 g Ironie

alles durch die Gemeinde mahlen
mit Heiligem Geist ziehen lassen
70 Minuten bei 200 Grad Liebe weichkochen.

Aber auch das Beste Rezept, ja selbst hervorragende alchemistische Fertigkeiten, machen noch kein gutes Essen. Sondern allerspätestens jetzt kommt die Kreativität ins Spiel, bei der Predigt sogar der Geist des Creators, des Schöpfers selbst. Und dann braucht es Zeit, Zeit und nochmal Zeit! Da muss etwas weichkochen, gären, gehen, ruhen, ziehen, garen. Habt ihr mal ein unter Zeitdruck gekochtes Essen gegessen? Entweder die Zwiebeln halbroh oder verbrannt? Das Fleisch gerade nicht mehr schwabelig aber dafür jetzt richtig hart? Die ganzen Zutaten noch keine einheitliche Masse sondern noch jedes einzeln herauszuschmecken? Irgendwie schmeckt es lieblos - und genau das ist das Entscheidende.
Heißt nicht umsonst "Schmecket und sehet"!

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